Spannendes Online-Forum über Nachhaltigkeit und Demokratie mit Bundesminister a.D. Dr. Volker Hauff

Nachbericht von Reinhard Ueberhorst Senator a. D. zum Forum Politik und Wirtschaft mit dem Thema "Behindert die Demokratie die Nachhaltigkeit?", das am 19.08.2020 online stattgefunden hat.

Das 50. Forum „Politik und Wirtschaft“ sollte für sich genommen interessant sein, aber auch die Idee einer längeren Veranstaltungsreihe verdeutlichen. Sehr bewusst hatten wir für den 19. August 2020 denselben Referenten eingeladen, mit dem diese Veranstaltungsreihe vor zwölf Jahren gestartet wurde – mit dem Thema Nachhaltigkeit im Spannungsfeld zwischen Politik und Wirtschaft. Damals war Dr. Hauff Vorsitzender des Rats für Nachhaltigkeit der Bundesregierung. Es gibt wenige Persönlichkeiten in Deutschland, die über die letzten Jahrzehnte so stark wie er mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit beschäftigt waren. Beginnend 1983 – 1987 mit seiner Mitgliedschaft in der „World Commisson for Environment and Development“ der UN unter Vorsitz der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem, die das Leitbild der Nachhaltigkeit mit Nachdruck auf die Internationale Tagesordnung gesetzt hat.

Für seinen fast einstündigen Vortrag hatte der Referent ein systematisch gegliedertes Manuskript ausgearbeitet. Interessierte finden am Ende dieses Berichts einen Link zur PDF dieses Manuskripts. Die Systematik des Vortrags folgte der Leitfrage, die wir vorher abgestimmt hatten.


Referent Dr. Volker Hauff, Bundesminister a. D.

 


Behindert die Demokratie die Nachhaltigkeit?


Im Vortrag zu dieser Frage war systematisch aufzuzeigen, warum wir diese Frage stellen können, ja aufgabenorientiert stellen müssen und wie wir sie mit guten Analysen und Argumenten beantworten können. Dr. Hauff verweigerte sich einer einfachen Ja- oder Nein-Antwort. Stattdessen zeigte er auf, wie die Demokratie zu vitalisieren sei, warum sie weiter zu entwickeln wäre, um ihre Überlegenheit gegenüber anderen Systemen gerade auch in der Nachhaltigkeitspolitik erfahrbar werden zu lassen.

 

Mit seinem Vortrag und in seiner anschließenden Diskussionsbereitschaft war der Referent erkennbar bestrebt, genau den Erkenntnis- und Kommunikationszielen zu folgen, um die es uns mit der Veranstaltungsreihe Forum Politik und Wirtschaft in der NORDAKADEMIE geht.

 

  • Für den Raum und das Beziehungsfeld Politik und Wirtschaft wollen wir gewichtige Herausforderungen unserer Zeit thematisieren, die ohne wissenschaftliche Vorarbeiten und Beratung nicht gut, wenn überhaupt, verstanden und nur durch wissenschaftliche Expertise nicht entschieden werden können. Das Schlüsselthema gelingender demokratischer Politikfähigkeit liegt dann, wie Dr. Hauff ausführte in der gelingenden Kooperation wissenschaftlicher und politischer Akteure. Nicht hilfreich für die Entwicklung dieser Kooperation sei ein Misstrauen gegenüber Wissenschaftlern oder umgekehrt die Parole „follow the science“.
  • So naiv es wäre, für diese Kooperation nur konflikt- und spannungsfreie Prozesse zu erwarten, so wichtig ist es, die Spannungsfelder und Konflikte besser zu verstehen, um besser mit ihnen umgehen zu können. In einer längeren Reflexion betrachtete Dr. Hauff die beiden Begriffe „Demokratie“ und „Wissenschaft“, die nicht unmittelbar zueinander anschlussfähig seien.

Hauff wörtlich:

  • „Demokratisches Handeln verlangt Sicherheit und Zustimmung der Mehrheit bei umstrittenen Fragen, die freilich ohne aktive Beteiligung der Wissenschaft nicht angemessen zu bearbeiten sind.
  • Wissenschaftliche Erkenntnisse sind immer mit dem Vorbehalt versehen: Es ist erlaubt, vielleicht sogar notwendig, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln; die Wissenschaft kann keine abschließende Sicherheit liefern. Dort wo sie abschließende Sicherheiten anbietet, hört sie auf Wissenschaft zu sein.“

Hauffs Kritik der Parole „follow the science“, wie sie durch Friday for future-Aktivistinnen vorgetragen wird, fand auch Widerspruch, u.a. durch einen Studenten der NAK, der betonte, es sei „fünf nach 12“ und die Regierung habe sich in Paris zum 1,5°-Ziel verpflichtet, müsse dem nun auch folgen. Diskutiert wurde, wie der notwendige Druck entstehen könne, insbesondere durch gesellschaftliche Lernprozesse.

 

Anregend dafür war Hauffs Kerngedanke im Wortlaut der ersten seiner fünf abschließenden Thesen: „Demokratie erschöpft sich nicht in der Anwendung des Mehrheitsprinzips. Es gilt die Demokratie immer wieder neu zu erfinden. Wahlen sind wichtig und unverzichtbar. Aber für ihre demokratische Politikfähigkeit braucht eine demokratische Gesellschaft auch gemeinsame Lern-, Beratungs- und Verständigungsprozesse.“

 

Fast 70 Interessierte hatten sich angemeldet, über 40 waren fortlaufend online präsent. Eine gut gemischte Gruppe aus der Hochschule, aus der Bürgerschaft, aus verschiedenen Unternehmen und auch aus der Politik. Zu ihnen gehörten Holger Petersen, der Nachhaltigkeitsbeauftragte der NAK und Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeitsmanagement, Stefan Wenzel, MdL und ehemaliger Umweltminister aus Niedersachsen und Sascha Boettcher, Rechtsanwalt und Mediator aus Kappeln. Er war von der „tollen Zoom-Konferenz“ und dem Referenten so angetan, dass er ihn für einen Mediationskongress zu einem Zoomdialog einladen möchte.

 

Auch solche Folgen sind im Sinne dieser Reihe Forum Politik und Wirtschaft. Und für Bachelor- wie Masterstudierende der Hochschule besteht die Möglichkeit, die im Forum erkannten Fragen wieder aufzunehmen und zu vertiefen – im Seminar Politik und Wirtschaft – Basiswissen und -kompetenzen für Querdenker, das von Reinhard Ueberhorst, Senator a. D. geleitet wird. Das Forum Politik und Wirtschaft ist Teil dieses Seminars.

 


Vortragsmanuskript


 

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Reinhard Ueberhorst, Senator a. D.

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