24.03.2019 Hochschule

Klimawandel, Bankensektor und Regulierung

Ein Beitrag von Prof. Dr. Joachim Weeber. Ein zentraler Bestandteil unserer Volkswirtschaft hat sich bisher eher zögerlich mit Folgen des Klimawandels beschäftigt: so finden sich auf den Finanzmärkten, vor allem aber im Bankensektor durchaus weiße Flecken auf der klimapolitischen To-Do-Liste. Dabei sind die Auswirkungen von meteorologischen Veränderungen auf den Bankensektor gar kein besonders neues Thema.

Klimawandel, Bankensektor und Regulierung

Ein zentraler Bestandteil unserer Volkswirtschaft hat sich bisher eher zögerlich mit Folgen des Klimawandels beschäftigt: so finden sich auf den Finanzmärkten, vor allem aber im Bankensektor durchaus weiße Flecken auf der klimapolitischen To-Do-Liste. Dabei sind die Auswirkungen von meteorologischen Veränderungen auf den Bankensektor gar kein besonders neues Thema. Bereits früher mussten vor allem regional tätige Kreditinstitute mit negativen Überraschungen bei besonders im landwirtschaftlichen Bereich tätigen Kreditnehmern rechnen. Wetterbedingte Missernten waren durchaus keine Einzelphänomene. Die Folgenabschätzungen des längerfristigen Klimawandels sind für viele Banken dagegen noch Neuland. Für Banken lassen sich dabei drei wesentliche Risikokategorien unterscheiden:

Physische Risiken: Extremwetterereignisse oder eine Veränderung der Klimabedingungen (etwa Auswirkungen veränderter Niederschlagsmuster auf die Landwirtschaft) können direkte physikalische Einflüsse auf Vermögenswerte haben. Für die Banken insgesamt werden die Risiken aus solchen Ereignissen eher als unterproportional bedeutend eingeschätzt.

Transitionsrisiken: Hierunter fallen Risiken, die durch den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft entstehen und zu einer Neubewertung von Anlagen führen. So würde z. B. eine geringere Nachfrage nach Strom aus Kohlekraftwerken zu Abschreibung auf Investitionen in Kohlekraftwerken führen. Neben solch eher direkten Transitionseffekten, dürften in der Risikoabschätzung für Banken vor allem Abwertungen von Finanzanlagen die größere Bedeutung haben (Neubewertungen von Kapitalanlagen, wie etwa Aktien, Unternehmensanleihen oder Investmentfonds).

Politische Risiken: Auswirkungen direkter politischer Einflüsse, die zu einer allgemeinen Änderung der Klimapolitik der Regierung führen können. Die Einführung einer generellen Besteuerung des CO2-Ausstoßes etwa dürfte einzelne Wirtschaftsbereiche schwer treffen. Bei Überschreiten so genannter Kipp-Schwellen (wie das Auftauen des Permafrosts, ein Kollaps des Amazonas-Regenwaldes oder das Abschmelzen von Eisschilden) könnte die Erfordernis massiver politischer/regulatorischer Eingriffe zunehmen – mit den entsprechenden drastischen Auswirkungen auf die einzelnen Segmente der Finanzmärkte und damit für Banken.

Zur Bewertung der Gesamtrisiken für den Bankensektor müssen schließlich folgende Aspekte herangezogen werden:

  • Strategie: Schätzung der tatsächlichen und möglichen Auswirkungen von klimabezogenen Risiken und Chancen auf die Geschäftstätigkeit, Strategie und finanzielle Planung des Unternehmens; inkl. Kreditvergabe an emissionsintensive Firmen
  • Risikomanagement: Angabe der Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung sowie Kommunikation klimabezogener Risiken (Risikosteuerungs- und -controllingprozesse)
  • Operationalisierung: Angabe der Ziele und der Indikatoren (inkl. Maßzahlen) die verwendet werden, um klimabezogene Risiken und Chancen beurteilen und steuern zu können

Bankaufsichtlich relevant sind schließlich die in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) formulierten Risikoarten: Adressenausfallrisiken (einschließlich Länderrisiken), Marktpreisrisiken, Liquiditätsrisiken und operationelle Risiken. Neu ist hierbei die Fragestellung, welche Auswirkungen von Klimarisiken auf diese Risikoarten ausgehen. In einem ersten Schritt wäre deshalb zu untersuchen, welche dieser Risikoarten vom Klimawandel und den daraus entstehenden potenziellen Risiken für die Banken tangiert wären. Entsprechende Informationen für die Bankenaufsicht wären etwa aus dem bankaufsichtlichen Meldewesen, aus gesondertren Risikoberichten oder aus Pflichtabschnitten in den einzureichenden Jahresabschlüssen und Prüfungsberichten zu gewinnen.

Besonderes Gewicht würden solche Risiken durch die Aufnahme in die Aufsichtsstrategie und Aufsichtsplanung erfahren, in der die Hauptrisiken für die Banken aufgenommen werden und die zudem die EZB zur Kenntnis erhält. Damit wäre eine Überprüfung klimarelevanter Risikopositionen auch für die unter der direkten EZB-Aufsicht stehenden besonders bedeutenden Institute/Institutsgruppen der Eurozone möglich. Zusätzlich könnten auch durch spezifische Umfragen bzw. Stresstests in der Kreditwirtschaft Erkenntnisse zu klimarelevanten Risikopositionen in den Bankbilanzen gewonnen werden. Ergänzend könnten sich Vor-Ort-Prüfungen mit den Spezifika klimarelevanter Fragestellungen etwa hinsichtlich des Risikomanagements von Banken befassen.

Die Bündelung sämtlicher Informationen erfolgt schließlich im bankaufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP), in dem auch die endgültige kritische Würdigung der institutsspezifischen Klimarisiken enthalten wäre. In diesem Risikoprofil wären schließlich die Klimarisiken für die einzelnen Risikoarten (Adressenausfallrisiken (einschließlich Länderrisiken), Marktpreisrisiken, Liquiditätsrisiken, operationelle Risiken) zu benennen und zusammen mit dem Geschäftsmodell insgesamt zukunftsgerichtet zu bewerten.

Die Notwendigkeit zur intensiveren bankaufsichtlichen Behandlung von Klimarisiken erschließt sich, neben den zuvor bereits genannten risikopolitischen Überlegungen, auch aus dem Aktionsplan‚ Finanzierung nachhaltigen Wachstums‘ der Europäischen Kommission vom März 2018, in dem dem Finanzsystem eine Schlüsselrolle zur Umsetzung politischer Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimawandelfolgen zugedacht wird.

Fragen zum Beitrag können an Prof. Dr. Joachim Weeber gerichtet werden

Weiterführende Literatur

 

Financial Stability Board, Proposal for a disclosure task force on climate related risks, 9. November 2015, www.fsb.org/2015/11/disclosure-task-force-on-climate-related-risks-2/

South Pole Group, Mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzmarktstabilität, Schlussbericht, Gutachten im Auftrag Bundesministerium der Finanzen, Zürich 2016

Europäische Kommission, Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums,
Brüssel, den 8. März 2018,  eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/